Therapie



Übersicht:
Warum eine Therapie?
Der Missbrauch durchdringt alles:
Die Schatten der Vergangenheit können nur dadurch ihre Macht verlieren, dass sie ans Licht kommen.
Die Heilung geschieht durch die Umkehrung der früheren Erfahrungen im sexuellen Missbrauch.
Man unterscheidet zwischen Einzel-, Gruppen-, Selbsthilfe-, und Kindertherapie.
Selbsthilfegruppe und Gruppentherapie:
Kindertherapie:
Einzelbehandlung:
Einige Dinge auf die geachtet werden sollte, bei der Therapeutensuche:
Traumatherapie
Trauma-Verarbeitung durch begleitetes Wiedererleben (EMDR):
Was erwartet der Klient konkret von EMDR?
Angstbewältigungstherapie:
Somatische Traumatherapie:
Craniosacrale Körperarbeit:
Körperpsychotherapie:
Erkennen ist Handeln:



Warum eine Therapie? nach oben
Obwohl in der Regel bei körperlichen Verletzungen die Zeit alle Wunden heilt, gilt das für die Folgen des sexuellen Missbrauchs nicht.

Es kommt vor, dass Erwachsene sich an einen Missbrauch nicht erinnern können, oft aber unter diffusen Symptomen leiden.
Dazu zählen beispielsweise Ängste, Suchtverhalten, Beziehungsprobleme, Depressionen, Selbstverletzung, Essstörungen, Sexualprobleme, psychosomatische Probleme etc.
Die Langzeitfolgen sexuellen Kindesmissbrauch können so weitreichend sein, dass es manchmal schwierig ist, festzustellen, wie der Missbrauch das Leben genau beeinflusst hat. Dies gilt auch für Traumatisierungen, an die sich die Person noch erinnern kann, wie Operationen, Unfälle oder Gewalteinwirkungen, aber auch für schwere oder langwährende seelische Kränkungen und Demütigungen.
Die unmittelbare Folge der Traumatisierung ist oft eine so genannte posttraumatische Störung, deren Symptome vielleicht nach einiger Zeit abklingen. Damit ist aber das Trauma nicht unbedingt überwunden; sehr oft kommt es zu drastischen Spätfolgen, deren eigentliche Ursache nicht mehr erkannt wird.



Der Missbrauch durchdringt alles: nach oben
Er durchdringt alles: das Selbstgefühl, nahe Beziehungen, die Sexualität, die Mutterschaft, das Arbeitsleben, die geistige Gesundheit. Wohin man blickt finden sich seine Auswirkung.
Die Erfahrungen von absoluter Ohnmacht, Hilflosigkeit und Schwäche in den Situationen des Missbrauchs und der Gewalt zerstören das seelische Gleichgewicht, die Basis für die Entwicklung zum gesunden Erwachsenen ist gestört. Der sexuelle Missbrauch in Kindheit und Jugendlichenalter verursacht eine tiefe, bis ins innerste dringende Beschädigung der natürlichen Körperempfindungen, des Selbstwertes und des Urvertrauens.

Soziale Beziehungen sind oft massiv gestört, geprägt von den Erfahrungen und Empfindungen des Verrats, Misstrauens, Unsicherheit und Entfremdung. Durch verschiedene Mechanismen der Verdrängung oder Umdeutung sinkt das Geschehen ins Unbewusste, da das Erlebte sich nirgends einordnen lässt. Zuletzt halten die Opfer die Geschehnisse vor sich selbst geheim, um psychisch zu überleben.
Alles, was nach dem Missbrauch getan wurde, entwickelte sich, um den geringst möglichen Widerstand zu erfahren bzw. Gefühle am bestmöglichen zu verstecken, gar zu leugnen. Das ganze Leben ist für einen Menschen, der in der Kindheit sexuell missbraucht wurde und sich deren Folgen und Konsequenzen nicht bewusst ist bzw. sie emotional nicht aufgearbeitet hat, eine Verstellung.



Die Schatten der Vergangenheit können nur dadurch ihre Macht verlieren, dass sie ans Licht kommen. nach oben
Die Schatten der Vergangenheit müssen bewusst gemacht werden.
Das Erlebte kann mit entsprechend einfühlsamer therapeutische Führung wiedererinnert werden. Es muss sogar wiedererinnert werden, damit der Terror endlich ein Ende findet, der in der Psyche noch immer jeden Tag aufs Neue wirkt.

Grundsätzlich ist es möglich das traumatische Erlebnis zu überleben, damit weiterzuleben und das Trauma zu verarbeiten. In der Regel ist dazu die Hilfe eines erfahrenen Psychotherapeuten und/oder einer Selbsthilfegruppe notwendig und bedarf Zeit.



Die Heilung geschieht durch die Umkehrung der früheren Erfahrungen im sexuellen Missbrauch. nach oben
Das bedeutet konkret:
das Fühlen von Liebe und Achtung, statt Missachtung und Benutzt-Werden
die Akzeptanz der Gefühle, anstatt dass sie unterdrückt und verleugnet werden müssen
der Entschluss kompromissloser Bereitschaft zur Wahrheit, statt Lügen und Sprechverbot
die Erfahrung von Gehör und Verständnis finden, statt Unglauben und Blindheit
das Bewusstsein von Richtigkeit der Körperempfindungen statt der Erfahrung vom Scham
das Lernen von Freude und Lust statt der Erfahrung des Körpers als Quelle von Schmerz und Leid


Man unterscheidet zwischen Einzel-, Gruppen-, Selbsthilfe-, und Kindertherapie. nach oben


Selbsthilfegruppe und Gruppentherapie: nach oben
Am Anfang stellen sich die einzelnen Mitglieder untereinander vor und erzählen von ihren Erfahrungen.
So erleichtern sie ihre Seele und stellen gleichzeitig fest, dass sie nicht die einzigen sind, die so was erlebt haben. Allgemeine Ziele solcher Therapieformen sind das Erlernen von Eigenverantwortlichkeit, Solidarität, Selbstbestimmung und Selbstbewusstsein.
Um dies zu erreichen, wird den Opfern das Gefühl gegeben, dass sie selbst entscheiden können, was sie sagen und was nicht. Allerdings werden Regeln aufgestellt, um verlässliche Rahmenbestimmungen zu schaffen. Der nächste Schritt ist, eine vertrauensvolle Atmosphäre aufzubauen, in der sich die Opfer wohlfühlen. Die zu besprechenden Themen werden vorher mit der gesamten Gruppe individuell zusammengestellt.



Kindertherapie: nach oben
Ist eine weitaus schwierigere Art der Therapie, denn man muss sehr viel Einfühlungsvermögen mitbringen. Geht man zu schnell vor, kann das Kind verunsichert werden und sich dafür verschließen. Innerhalb einer Therapie wird sehr viel mit körperlicher Bewegung, Spielen, Zeichnen und Reden gearbeitet. Ziel ist es, dem Kind Selbstbewusstsein zu vermitteln. Schlägt die Therapie an, fällt das Kind in eine Regressionsphase zurück und holt so seine Kindheit nach.



Einzelbehandlung: nach oben
Inhalt, Form und Dauer der psychotherapeutischen Einzelbehandlung ist im wesentlichen abhängig von der jeweiligen Problematik. Meist finden die 50minütigen Sitzungen im Wochenrhythmus statt.
Die Dauer der gesamten Therapie ist ebenfalls im Einzelfall sehr verschieden. Sie reicht von 3 monatigen Kurzzeitbehandlungen bis zur mehrjährigen Therapie.



Einige Dinge auf die geachtet werden sollte, bei der Therapeutensuche: nach oben
Eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung ist besonders wichtig. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass sich positive Gefühle entwickeln, Erinnerungen "gefahrlos" wieder erlebt werden können, statt negativer Gedankenmuster (z.B. Selbstabwertungen) hin zu neuen Erwartungen und Wünsche, aufgebaut werden.

Ohne Sympathie für den Therapeuten wird eine Therapie langfristig keinen Erfolg haben. Der Betroffene sollte das Gefühl haben, dass er als Mensch ernst genommen wird und nicht das Gefühl haben so einer Art Programm zu unterliegen, bei dem es vielmehr darum geht, dass der Therapeut "erfolgreich" ist. Ein Therapeut muss flexibel sein und darf nicht negativ reagieren, wenn der Betroffene mit den Gedanken des Therapeuten nicht zufrieden und nicht einverstanden ist. Unstimmigkeiten sollten ehrlich und offen von beiden Seiten im Gespräch geklärt werden. Sollte sich an dem Verhältnis nach einer Testzeit doch nichts ändern, sollte der Therapeut gewechselt werden.
Es macht langfristig keinen Sinn sich in die Hände eines ungeeigneten Therapeuten zu begeben, bei dem das Unwohlsein überwiegt. Die Möglichkeit, dass zwei Menschen sich verfehlen und keine hilfreiche Beziehung entsteht, gibt es natürlich auch bei der Begegnung von Klient und Therapeut.

Das wichtigste überhaupt ist Motivation. Eine halbherzig angegangene Therapie oder eine erzwungene Therapie ist sinnlos und kann nur scheitern.
Man kann nur etwas verändern, wenn man es selbst möchte.


Traumatherapie nach oben


Trauma-Verarbeitung durch begleitetes Wiedererleben (EMDR): nach oben
Trauma-Verarbeitung durch Begleitetes Wiedererleben, zur Auflösung der Folgen von psychischen Traumatisierungen.
Ziel einer Traumatherapie ist es, die im "Traumagedächtnis" gespeicherten Eindrücke in einem sicheren Rahmen kontrolliert wiedererinnerbar zu machen, um so eine neue, funktionale Abspeicherung im "Alltagsgedächtnis" zu erreichen. Dadurch verschwinden die belastenden Symptome. Die Erinnerungen sind jetzt bewusstseinsfähig, können versprachlicht und in das bisherige Erfahrungswissen integriert werden.
Um das zu erreichen, braucht es zwei Dinge:
1.Eine ausreichende Nähe zu den belastenden Erinnerungen.
Verarbeitung ist nur möglich, wenn wir die Erinnerungen in der Gegenwart auf gefühlsmäßiger und körperlicher Ebene spürbar werden lassen können (aktualisieren können).
2.Eine ausreichende Distanz zu den belastenden Erinnerungen.
Verarbeitung ist ebenfalls nur möglich, wenn wir uns in der Gegenwart sicher genug fühlen, damit wir von den Eindrücken, die wieder wach werden nicht genauso überflutet werden wie damals. Es geht darum, jetzt in der Gegenwart die Kontrolle zu behalten, die damals verloren gegangen ist.
Für ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Nähe und Distanz zu den Erinnerungen zu sorgen, das ist die Aufgabe der Traumatherapeuten.

EMDR ist eine neue, effektive Methode zur Traumabearbeitung.
EMDR steht dabei für "eye movement desensitization and reprocessing".
Heute weiß man, dass jede bifokale Rechts-Links-Stimulierung während der Erinnerung belastender Erlebnisse zu einer beschleunigten Verarbeitung belastender Erinnerungen führt. Zahlreiche Studien belegen die Wirksamkeit dieser Methode bei posttraumatischen Belastungsstörungen und Ängsten, auch wenn über die zugrunde liegenden Wirkmechanismen noch viele Fragen offen sind und nur zahlreiche Hypothesen bestehen.



Was erwartet der Klient konkret von EMDR? nach oben
Die gedankliche Konfrontation mit den belastenden Erinnerungen ist eingebettet in einen umfassenden Therapieprozess, der ein Kennenlernen und das Schaffen einer gemeinsamen Vertrauensbasis ebenso umfasst, wie das Erlernen verschiedener Entspannungs- und Schutzübungen.
Der Klient wird darin angeleitet, ein Mindestmaß an eigener emotionaler Stabilität aufrechtzuerhalten, bei Bedarf Hilfe zu holen und so für sich zu sorgen. Erst nach einer ausreichenden Stabilisierung kommt die Phase der Neuverarbeitung, die den eigentlichen EMDR-Prozess ausmacht.
Die eigentliche EMDR-Sitzung beginnt mit einer momentan belastenden Ausgangssituation. Das kann ein Bild, ein Gefühl, ein Geruch oder dergleichen sein. Gemeinsam mit dem Therapeuten konkretisiert der Klient diese Erinnerung bzgl. der gegenwärtigen Auswirkung auf das Fühlen und Denken.

Während der anschließenden Stimulierung durch den Therapeuten, die durch Augenbewegungen oder Rechts-Links-Berührungen erfolgen kann, begibt sich der Klient in die Rolle eines Beobachters, es wird registriert, welche Gedanken, Gefühle oder Körperempfindungen von innen auftauchen und wie der Prozess abläuft. Alles was auftaucht hat einen Sinn und bekommt seinen Platz. Unsere inneren Selbstheilungskräfte können so wirksam werden und führen uns auf dem Weg der heilenden Auflösung erstarrter Erinnerungen. Der Klient kann den Prozess jederzeit stoppen, wenn ihr/ihm etwas zuviel werden sollte.



Angstbewältigungstherapie: nach oben
Die Angstbewältigungstherapie bietet die Chance sich den Ängsten entgegenzustellen und verlorenen Lebensraum zurückzuerobern.
Die Therapie ist tiefenpsychologisch orientiert und verwendet Elemente der Verhaltenstherapie, der "Integrativen Therapie", sowie Methoden aus der Traumatherapie (EMDR) und der Körpertherapie in einem integrierten Ansatz.



Somatische Traumatherapie: nach oben
Die somatische Traumatherapie lässt sich gezielt einsetzen zur Bewältigung aktueller und chronifizierter psychischer Traumata. Gezielt wird psychotherapeutisch an einer körperlichen und seelischen Reintegration verlorener Selbstanteile gearbeitet. Im Zentrum stehen die Stärkung seelischer und körperlicher Grenzen und die Balancierung der Funktionen des autonomen Nervensystems, die im Schock ihre ursprüngliche Flexibilität verlieren.



Craniosacrale Körperarbeit: nach oben
Durch sanftes Erspüren und Unterstützen körpereigener Rhythmen können emotionale Spannungen und Traumen in ihrer Verkörperung erfahrbar gemacht und losgelassen werden.



Körperpsychotherapie: nach oben
Körperpsychotherapie ist ein ganzheitlicher Therapieansatz. Die Bezeichnung verdeutlicht, dass die Einheit von Körper, Geist und Seele die Grundlage und das Ziel therapeutischer Bemühungen sein müssen, ein Sachverhalt, der beispielsweise in der traditionellen chinesischen oder indischen Medizin und Philosophie Allgemeinplatz ist.

Ausschließlich Verhaltenstherapie und tiefenpsychologisch orientierte Verfahren gelten in Deutschland als wissenschaftlich fundiert und kassenärztlich - psychotherapeutisch abrechenbare, psychotherapeutische Heilmethoden. Ausschließlich Ärzte und Diplompsychologen mit anerkannten Zusatzausbildungen in einem dieser Verfahren dürfen in Deutschland die Berufsbezeichnung Psychotherapeut benutzen und die von ihnen ausgeübte Tätigkeit Psychotherapie nennen. Gesundheitsämter der Länder ermöglichen es auch Nicht-Ärzten und Nicht-Psychologen, nach einer amtsärztlichen Überprüfung, eine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, eingeschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz, zu erwerben.

Der Heilungsprozess kann Resultat einer Psychotherapie sein, er könnte aber auch auf anderen Wegen wie z.B. Selbsthilfegruppe oder einer Bibliotherapie (Veränderung durch Lesen) in Gang gesetzt worden sein.
Die vier Phasen des Heilungsprozesses überschneiden sich in der Realität selbstverständlich und sind begleitet von Krisen, Chaos, Zweifel und Neubeginn. Einen idealen Verlauf gibt es wohl in Büchern, aber kaum im täglichen Leben.



Erkennen ist Handeln: nach oben
Stärken:
Mit der Erkenntnis, wie sehr man seelisch verletzt wurde beginnt ein ebenso schwieriger wie fruchtbarer Prozess, an dem man oft mehr intuitiv teilnimmt, als das er sich bewusst steuern ließe. Stärken heißt, die vorhandenen Fähigkeiten einer Person - auch die im Symptom verborgenen - zu sehen, verstehen und zu würdigen.

Entscheiden:
Ohne Entscheidung ändert sich in einem Heilungsprozess wenig. Jede Entscheidung drückt die Fähigkeit des Betroffenen aus, eine eigene Wahl zu treffen und danach zu handeln.

Verändern:
Nicht alle Veränderungen sind vorher zu planen und alle Veränderungen brauchen ihre Zeit. Wer sich auf einen Wandlungsprozess einlässt, weiß am Anfang nicht genau, was am Ende herauskommt.

Es ist wichtig durch Information, Einsicht und mehr Verständnis für die Verschiedenen Stationen eines Heilungsprozesses zu bekommen, um zu erkennen welchen Weg Betroffene dabei hinter sich haben und welche Möglichkeiten und Entscheidungen vor ihnen liegen.

Wenn den Opfern klargemacht wird, dass nicht sie es sind, die sich schämen müssen, haben sie die Chance mit erhobenen Hauptes weiter zu leben und ihr Leben in die Hand zu nehmen. Sie können ein neues Selbstbild von sich selbst aufbauen. Sie können neue Würde gewinnen und ein Gefühl für ihren persönlichen Wert entwickeln - ein glücklicheres Leben leben.


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